Ethik und Moral – the base of Yogapraxis

ViennaYoga by Michéle • Okt. 21, 2018

Goldenen Regeln für dein persönliches Glück

Regeln? Oh nein - keiner schreibt mir vor wie ich mich zu verhalten oder was ich zu tun habe! Kommt dir das bekannt vor?

Keine Sorge: Hierbei geht es nicht um ein Konstrukt für weltweiten Frieden oder Regeln, die es per Gesetz und per Strafe zu verfolgen gilt.

Es geht um dein ganz persönliches Glück im Leben . Dein Verhalten anderen gegenüber ist nicht in erster Linie für die anderen wichtig und gut, sondern für dich selbst. Wenn du erkennst, wie du dich selbst damit glücklich machst , wenn du dich anderen gegenüber respektvoll und nach ethischen Richtlinien verhältst, sind es keine Regeln, die du für irgendjemanden einhalten sollst um anderen etwas Gutes zu tun. Dann nämlich weißt du, dass sich dein Verhalten anderen gegenüber in erster Linie auf dein eigenes Wohl und dein ganz persönliches Glück auswirkt.

Tue es nicht für andere oder weil es dir jemand sagt oder es so geschrieben oder vorgeschrieben steht, tue es für dich und der daraus resultierende Benefit: dein soziales Umfeld fühlt sich ebenso gut in deiner Gegenwart.

Unterschied zwischen Ethik und Moral

Ethik ist die philosophisch-theoretische Rechtfertigung der Moral. Sie ist kulturspezifisch unterschiedlich und einer laufenden Entwicklung unterzogen.

Ethik ist somit die Theorie der moralischen Praxis. Und zugleich der Versuch diese Praxis (je nach Kultur und Zeit) niederzuschreiben und für alle als quasi Regelwerk oder Gebot des rechten Verhaltens im sozialen Gefüge zur Verfügung zu stellen. Damit soll eine für das Zusammenleben sinn- und friedvolle Verhaltensordnung gegeben sein, die auch ursprünglich das politische Wirken und die Rechtsprechung umfasste.

Manchmal wird die Ethik religiös besetzt. Wenn zum Beispiel die Ethik als die dem christlichen Glauben entstammenden 10 Gebote gedeutet wird. Trotz ihrer Ähnlichkeiten ist das Fachgebiet der Ethik von der Religion zu trennen.

Das Fachgebiet der Ethik in der praktischen Philosophie hat zur Aufgabe die sozialen neu-Entwicklungen durch z.B. Zu- und Abwanderung udgl., oder neuen Forschungen wie z.B. Gentechnik oder den Bereich der künstlichen Intelligenz usw. lfd. kritisch, moralisch zu hinterfragen. In fast all diesen Forschungsgebieten sind Ethiker an der Mitentwicklung beteiligt und gefragt. Die Ethik sichert in dieser verantwortungsvollen Kontroll- und Regulierungsfunktion unser sittliches Zusammenleben und die Bewahrung unserer Menschlichkeit im Zusammenhang mit den Herausforderungen der modernen und sich ständig verändernden, gesellschaftlichen Welt. Sie liefert laufend neu angepasste moralisch- achtbare Werte und unterstützt damit die Erhaltung oder Schaffung des Friedens in der Gesellschaft.

Was die Ethik noch ist? Mein ganz persönliches Lieblings- und Schwerpunktgebiet in der Philosophie.

So veraltet und verstaubt das Wort für manchen klingt, so modern, zukunftsweisend und allumfassend ist die Ethik im Grunde. Es gibt fast kein Gut, dass nicht schon mal einer ethischen Prüfung unterzogen wurde bevor es auf den Markt kam. Zumindest sollte all jenen, die eine solche Prüfung bislang verabsäumt haben, eine solche nachholen.

“Ethik bedeutet im Innersten doch immer ein In-Zweifel-Ziehen der herkömmlichen Moral“ ,

schreibt Anton Moser DI Dr. techn. Univ.-Prof., Vize-Direktor des Österreichischen Institutes für Nachhaltigkeit, sehr trefflich in: 1.1 Die Vision: Die "Natur-Kultur" Nach Der Weisheit Der Natur, Der "Ökosophie" (absolut lesenswert! Und in dessen Anlehnung ich hier auch meine beiden Einleitungssätze verfasst habe. Hierzu weiterführend ebenfalls von A. Moser, auch genial zum Thema Ethik und lesenswert: 11.4 "Schönheit Ist Der Glanz Des Ganzen": Über Das Geistige In Der Natur ).

Was nun aber ist die Moral als Praxis, die der Ethik zu Grunde liegt? Ich bin der Meinung, dass das beste Verständnis hierzu durch einen kurzen Blick in die Entwicklung der Ethik in der klassischen (westlichen) Philosophie gegeben wird.

Entwicklung in der klassischen Philosophie

Ich beginne bei Aristoteles und nenne ihn den Begründer der heutigen Ethik in der klassischen, westlichen Philosophie. Vereinfacht zusammengefasst, besteht der Ausgang in der Suche nach Glück und der Beschreibung dessen was Glück (das höchste Gut) ist.

Um beim Streben danach nicht in böses, unsittliches Handeln zu verfallen verfügt der Mensch über seine Vernunft (logos), seine vernünftigen Seelenanteile.

Hieraus wird dem Menschen klar, dass das eigene Glück nicht durch das Unglück eines anderen entstehen kann (ihr kennt diesen Gedanken vielleicht noch aus meinem Beitrag über das Karma?).

Wenn der Mensch das volle Potential seines logos nutzt, kommt er in einen Zustand der Tugendhaftigkeit (arete).

In seiner Tugendlehre ergibt sich eine Tugend, die Charaktertugend (ethische Tugend), die sich aus dem Leben des Menschen ergibt, der dazu gezwungen ist, sich mit seinem äußeren Umfeld (der Polis) auseinanderzusetzen. Hieraus entwickelt sich die Ethik als die im Umgang mit anderen Menschen sich entfaltenden Charaktertugenden. (Das ist wirklich eine sehr, sehr vereinfachte, kurze Zusammenfassung – es gibt hier tausendfach Potential für Tiefgänge, für alle diejenigen, die sich dafür im Detail interessieren. Was auch wirklich sehr spannend ist – aber in einem anderen Ausmaß auch zugleich eine andere Geschichte.)

Um hier nun nicht in die unendlichen Weiten der Philosophiegeschichte auszuschweifen rase ich gleich einige Jährchen in die Zukunft bis zu Kant. Da dieser durch seine Formale Ethik in meinen Augen derjenige ist, der am konstruktivsten zeigt, was die praktische Moral des Menschen ist .

Kant ist derjenige, der sagt, dass die Sittlichkeit (Moral) sich nicht aus Erfahrung ableitet, sondern ‚a priori‘ also in-sich, ursprünglich dem Menschen gegeben ist (im Menschen angeborene Fähigkeit zwischen sittlich und unsittlich zu entscheiden/zur urteilen).

In der Natur des Menschen ist eine ‚Grundformel‘ (kategorischer Imperativ) gelegt, nach der wir nach dem Richtwert handeln, von dem wir uns vorstellen können, dass er ein allgemeines Gesetz werde - also für alle Gültigkeit hat.

Das heißt zu allererst fühlen wir uns bei unseren Handlungen intrinsisch davon bestätigt, dass alle in dieser Situation, in der wir uns für diese Handlung entscheiden, gleich handeln würden. Ok, das kann natürlich vereinfacht betrachtet auch ‚nach hinten los gehen‘. Natürlich bleibt uns Kant bei der detaillierten Ausformulierung seines kategorischen Imperativs nichts an Erläuterungen diesbezüglich schuldig (aber auch das ginge hier nun wieder zu weit – gerne vertiefend nachzulesen in Kants ‚Grundlegung zur Metaphysik der Sitten‘).

Worum es mir geht, ist zu zeigen, dass das Sittliche, die praktische Moral eine angeborene Vernunft ist , die wir uns zumindest bewusst machen können . Unbewusst lebend sind wir ohnehin triebgesteuert mehr Tier als Mensch (und alle Tierliebhaber mögen mir diesen Ausdruck hier bitte verzeihen – ich weiß, dass es durchaus Tiere gibt, die zum Teil vernünftiger und sittlicher agieren als Menschen).

Gut. Moral ist nun ein in uns selbst liegender, angeborener (oder zumindest mit Bewusstsein darauf in uns zu findender) Wert, der uns ein rechtes Handeln ermöglichet und dies ausgelegt auf das Zusammenleben mit unserer sozialen Umwelt wird weiter als Ethik bezeichnet ( Ethik ist die philosophisch-theoretische Rechtfertigung der Moral ). Ich denke für ein Basisverständnis dessen worum es bei Ethik und Moral geht haben wir geschaffen und auch gezeigt, dass es dabei nicht um alte Begriffe geht, die mit dem modernen Leben nichts zu tun haben – auch wenn Begriffe wie Sittlichkeit und Tugendhaftigkeit hier hineinspielen und diese in unserem heutigen Wortschatz und Sprachgebrauch eher selten Anwendung finden.

Zusammengefasst ist richtiges (moralisch richtiges) Verhalten in der Ethik in unterschiedlichsten Bereichen unseres Lebens so gefasst und als theoretisches Richtwerk erarbeitet, dass es dieser Maxime von Kant – also dem, was wir uns bei jeder Handlung auch für jeden anderen als richtig und wünschenswert erachten (was auch schon in den 10 Geboten ähnlich gefasst ist als: was du nicht willst das man dir tut, das füge auch keinem anderen zu) – entsprechen kann und damit ist Ethik auf unser aller Wohl (auf unser Glück oder Glücklichsein) gerichtet. (Menschenrechte sind z.B. eine Form der Ethik)

Nun ist es an der Zeit zu zeigen, warum nun also Ethik und Moral the base of Yogapraxis sind.

Anwendung in der Yogaphilosophie – yama (und zum Teil auch niyama) in den Yoga Sutren

In meinem Blog-Beitrag „ Was ist Yoga? “ habe ich die 8 Glieder aus den Yoga Sutren von Patanjali aufgezählt, die zum ‚Ziel des Yoga‘ führen (' citta vritti nirodha' – das zur Ruhebringen des Geistes).

Diese sind (hier aufgezählt zur Wiederholung):

  1. Yama: der Umgang mit der Umwelt (Verhaltensregeln, Ethik)
  2. Niyama : der Umgang mit sich selbst
  3. Asana : der Umgang mit dem Körper (Körperübungen/-haltung - leicht und stabil)
  4. Pranayama : der Umgang mit dem Atem (Atemkontrolle, -übungen und -techniken)
  5. Pratyahara: der Umgang mit den Sinnen (die Wahrnehmung nach innen bringen, die Sinne die sonst das Außen nach Innen leiten, umkehren)
  6. Dharana : der Umgang mit dem Geist (Konzentration, geistige Aufmerksamkeit)
  7. Dhyana: Meditation (geistige Ruhe, Wachheit, Klarheit)
  8. Samadhi : Innere Freiheit

In der Yogaphilosophie ist also Yama die Ethik und Niyama in weiterem Sinne ebenso aber eine auf uns selbst bezogene und nicht auf den Umgang mit anderen.

Die 5 Yamas sind verfasst wie Regeln. Sie sind jedoch praktisch betrachtet, Anleitungen zum eigenen Glück . Es wird uns Yogapraktizierenden sehr rasch bewusst, dass wir bei deren Befolgung selbst Glück erfahren und wir dankbar dafür sind, dass Patanjali uns diese ‚Gebote‘ mit auf den Weg gegeben hat.

Wie du durch das Einhalten der 5 Yamas glücklich wirst

Die 5 Yamas sind:


  1. Nicht-Verletzen (ahimsa)
  2. Wahrhaftigkeit (satya)
  3. Nichtstehlen (asteya)
  4. Enthaltsamkeit (brahmacarya)
  5. Unbestechlichkeit (aparigraha)


Diese Yamas sind unterschiedlich ausgeprägt, je nach jeweiligem Beruf und Aufgaben der Menschen. So ist das Erste (Nicht-Verletzen) bei z.B. Polizisten (nach der Verhältnismäßigkeit) und Mönchen (bedingungslos) unterschiedlich auszulegen. Ebenso bedeutet es bei z.B. dem Vierten (Enhaltsamkeit) bei Mönchen: lebenslange sexuelle Enthaltsamkeit. Und bei Menschen die in einer Partnerschaft leben: Treue, Achtung des Partners, Rücksichtnahme und auch im sexuellen Leben dafür zu sorgen, dass beide zufrieden sind, also nicht egoistisch zu sein. (1Vgl. S116)

Was erfahren wir (an Glück für unser Leben), beim Einhalten jedes einzelnen Yamas? (Hier verwende ich die wörtliche Übersetzung aus den Yoga Sutren von Sukadev Volker Bretz²)

1. Nicht-Verletzen (Gewaltlosigkeit) - ahimsa


Nicht-Verletzen - dies ist das höchste Prinzip, das über allen steht – d.h. wenn die einzelnen Yamas untereinander in Konflikt geraten, gilt immer zuerst das 1. einzuhalten – z.B. sollte man keine Unwahrheit sagen (=Wahrhaftigkeit/2) aber auch nicht unbedingt eine Wahrheit, die einen anderen krängt oder verletzt. Dies nur zum Hinweis für alle folgenden Yamas. Also zur Erinnerung: das 1. Yama: Nicht-Verletzen steht immer zuerst!

„Wenn Nichtverletzen (ahimsa) fest begründet ist, wird Feindschaft in der Gegenwart des Yogis aufgegeben“

S.V. Bretz schreibt, dass ein sanftmütiger Mensch auf weniger Feinde trifft und es sogar soweit geht, dass dort, wo er ist, sich die Menschen besser vertragen.

Unser Glück : wenn wir diesem 1. Yama folgen wird es in unserer Umgebung/Gegenwart, keine Feindschaften geben.

Wer das als wünschenswert für sich erachtet, sollte sich selbst an das erste Yama halten. Das ist natürlich auch eine Aufgabe, denn oft verletzten wir auch unabsichtlich und unbewusst.

Ich denke es ist klar, was wir also davon haben, wenn wir darauf achten, andere nicht zu verletzen. Man ist jedoch angehalten sich bewusst zu machen, dass man auch aus einer Unwissenheit heraus jemanden verletzen kann und daher übt man sich beim Einhalten dieses Yamas immer wieder darin, vor einer Handlung inne zu halten und sich in das Gegenüber hineinzuversetzen und sich zu fragen, ob sich dieser durch unsere Handlung verletzt fühlt. Und erst nach dieser inneren Reflexion heraus folgt eine Handlung oder eben auch eventuell nicht.

Es kann sein, dass wir Gedanken haben, die uns daran hindern in friedvoller Absicht den Yamas zu folgen.

Wie kann man es nun aber verhindern, dass uns unsere Gedanken daran stören, den Yamas nachzukommen?

Auch hierfür gibt es in den Sutren einen hilfreichen Hinweis: „Störende Gedanken können durch das Denken an ihr Gegenteil überwunden werden. Das ist die sogenannte pratipaksa-bhavana-Methode . Wenn man einen negativen Gedanken hat, denke man an das Gegenteil.“ ³(S117)

Nach dem Prinzip ‚die Energie folgt der Aufmerksamkeit‘, kann man negative Gedanken umwandeln , indem man fokussiert und immer wieder (also durchaus in meditierender Form z.B. als Mantra immer wieder wiederholend gesprochen) an ihr Gegenteil denkt. Als Beispiel, wenn man ungeduldig ist denke man an Geduld usw. (bitte hierzu die ausführliche Beschreibung wie das genau funktioniert bei S.V. Bretz – siehe Literaturverzeichnis – ab Seite 117 nachlesen – absolut empfehlenswert - das gesamte Buch!)

2. Wahrhaftigkeit (Aufrichtigkeit, Nicht-Lügen) - satya

„Wenn Wahrhaftigkeit (satya) fest begründet ist, erlangt man die Frucht der Handlung, ohne zu handeln“

Was heißt das nun? Wenn wir ein Netz aus Lügengeschichten um uns herum aufbauen, gelangen wir in eine (An)Spannung. Man verliert sein eigenes Selbstbild aus dem Blick und das führt zu Schwäche. „Zu sich selbst zu stehen, sich selbst besser kennenzulernen, authentisch zu sein, gibt Stärke und Kraft“. (ids S 122)

Unser Glück : Man wird sich durch die Befolgung dieses Yamas also seiner selbst besser bewusst, dadurch klarer und stärker – selbstsicherer – und das ohne zu handeln; einfach indem man anderen gegenüber aufrichtig und authentisch ist.

Wer es somit als wünschenswert erachtet, selbstbewusster und authentischer zu sein, sich dadurch selbstsicherer und wohl in seiner Haut zu fühlen, dem sei geraten, sich dem 2. Yama hinzugeben und achte darauf, sein Umfeld nicht in Lügen und Unwahrheiten zu hüllen. Damit fällt man ganz unwillkürlich in ein Sich-selbst-Verlieren hinein, das einen traurig, unsicher und leidend macht.

Liebe als ein möglicher höchster Sinn des Lebens im Allgemeinen, geht immer zuerst von der Fähigkeit der Liebe zu sich selbst aus. Kaum wird einem von anderen Liebe entgegengebracht, wenn man nicht fähig ist sich selbst zu lieben.

Man stelle sich vor, wie sehr man jemanden lieben kann, der unauthentisch und unehrlich ist. Vor lauter Unaufrichtigkeit sich selbst nicht mehr im Spiegel sehen zu können ist ebenfalls ein Indiz dafür, wie unsicher und leidend uns das Nichteinhalten des 2. Yamas machen kann. Es mag sein, dass man sich einige Zeit lang seine eigenen Unwahrheiten schön reden kann aber gewiss führt ein Konstrukt aus Lügen, das man nach und nach um sich herum aufbaut, nicht zu dauerhaftem, wahrem, echtem Glück und Selbstliebe. Es belüge sich diese/r selbst, die/der sich dies schönreden und das glauben würde.

3. Nicht-Stehlen - asteya

„Ist Nichtstehlen (asteya) fest begründet, kommen alle Kostbarkeiten wie von selbst“

Ich denke dieser Satz steht für sich. S.V. Bretz schreibt: „Solange wir anderen etwas wegnehmen, sind wir Bettler. In dem Moment, wo wir nichts mehr stehlen, auch nicht mehr unbedingt etwas haben wollen, bekommen wir alles, was wir brauchen.“

Hier geht es nicht darum alles zu verschenken oder uns nicht um unsere finanzielle Absicherung zu sorgen – äußere Sicherheit ist nämlich notwendig um den Geist frei zu haben. Aber wir sollen uns nicht der Gier hingeben oder eben etwas nehmen, das einem anderen gehört. Wir sollen uns z.B. auch nicht mit fremden Federn schmücken.

Unser Glück : liegt hier ganz klar auf der Hand. Alles was wir brauchen kommt wie von selbst zu uns.

Wem erscheint das wünschenswert?
Wir sind in unserem Leben irgendwie permanent gehetzt und versuchen einem Vermögen hinterher zu laufen, dass uns glücklich machen soll. Wir arbeiten und rackern uns ab um uns etwas leisten zu können und es schön zu haben. Dafür schmücken wir uns mit fremden Federn, stehlen und verhalten uns alles andere als sittlich/moralisch unseren Mitmenschen (z.B. ArbeitskollegInnen, MitschülerInnen odgl.) gegenüber. Zu glauben, dass wir glücklich wären, wenn wir das hätten was der oder die andere/n hat/haben, macht uns immer unglücklicher und jagender und hetzender und rasender. Was uns aber glücklich macht und wodurch 'alle Kostbarkeiten wie von selbst kommen', ist das Einhalten des 3. Yamas (am besten gleich inkl. 1. und 2. Yama). 'Finger' weg, von dem, was nicht dir gehört! Das, wonach du dich sehnst, wirst du nicht bekommen indem du es stiehlst (und hier darf gerne in diversem übertragenem Sinn für sich selbst weitergedacht werden). Wer sich nicht bemüht das 3. Yama auch einzuhalten, dem wird dieses Glück auch nicht zu teil werden.

4. Enthaltsamkeit - brahmacarya

„Ist Enthaltsamkeit (brahmacarya) fest begründet, erlangt man große Lebenskraft“

Dass die sexuelle Enthaltsamkeit bei Menschen unterschiedlich ausfällt, habe ich Eingangs bei den Yamas schon angesprochen (Mönch vs in Partnerschaft lebend). S.V. Bretz beschreibt es auch als „Vermeidung von sexuellem Fehlverhalten“.

Die Lebenskraft, von der hier die Rede ist, entsteht aber nicht erst oder nur durch vollkommene, lebenslange, sexuelle Enthaltsamkeit. Überhaupt geht es nicht ausschließlich um Sex (oder eben Nicht-Sex).

Es ist so zu verstehen, dass wenn wir uns in manchen Dingen zurücknehmen und achtsam werden, nicht jedem Impuls sofort nachgeben, sondern etwas Hinauszögern und Innehalten (beim Atmen, beim Essen, in der Bewegung usw.), wird die Energie (die wir sparen indem wir uns kurz enthalten), gespeichert und umgewandelt zu starker Vitalität – das hält uns jung, agil und fit (also warum nicht mal Enthaltsamkeit?).

Unser Glück : wir fühlen uns vital, antriebsstark, voller Energie und Leben.

Wer das als wünschenswert erachtet, versuche sich bei all seinen Handlungen und Impulsen, zuerst einmal zurück zu nehmen, abzuwarten - sich diesen Impulsen, Trieben bewusst zu werden - und erst nach einer gewissen Zeit des Innehaltens und Hinauszögerns diesen hinzugeben. Sei es beim Essen, Trinken, Sex oder manchmal auch beim Atmen oder bei anderen körperlichen Bewegungen. Die Energien, die für automatisierte, unüberlegte Tätigkeit die von einem Impuls ausgelöst wird, bleibt so gespeichert und wird umgewandelt in 'Vitalität'.

5. Unbestechlichkeit - aparigraha

„Ist Unbestechlichkeit (aparigraha) fest begründet, versteht man den Sinn des Lebens“

Hier geht es nicht darum, keine Geschenke, die aus Liebe geschenkt werden mehr anzunehmen (das wäre gegen 1/Nicht-Verletzen, denn damit würde man den Schenkenden womöglich kränken). Es geht darum sich ‚nicht kaufen zu lassen‘. Aber auch darum nicht gewinnsüchtig zu sein oder Dinge zu horten (z.B. Geld sinnlos anzuhäufen). All diese Dinge verblenden uns den Blick auf den Sinn des Lebens.

Unser Glück : wir werden frei für das Erkennen dessen, was für uns in unserem Leben wichtig uns sinnvoll ist.

Niyamas (der Umgang mit sich selbst)

Die Niyamas sind:


  1. Reinheit (sauca)
  2. Zufriedenheit (samtosa)
  3. Selbstzucht (tapas)
  4. Selbststudium (svadhyaya)
  5. Selbsthingabe (isvarapranidhana)
und da sie nur im entfernteren Sinne zur Ethik gehören, werde ich diese hier unerläutert so stehen lassen und in einem anderen Blog Beitrag gesondert näher darauf eingehen.

Zum Abschluss möchte ich mich hier nochmal eines Ausschnittes aus dem Werk von S.V. Bretz bedienen (S118):

„Negative Gedanken und Emotionen wie Gewalttätigkeit, ob man sie selbst in die Tat umsetzt, andere tun läßt oder negatives Tun billigt oder geschehen läßt, ob durch Gier, Ärger oder Verblendung verursacht, ob mild, mittelmäßig oder stark, resultieren in endlosem Schmerz und Unwissenheit. Deshalb sollte man über das Gegenteil nachdenken. Das ist eine faszinierende Begründung von Ethik.“


Ich wünsche uns allen auf unserem Weg die Freude an der immer wieder Erinnerung an die 5 Yamas und dem bewussten Bemühen am Einhalten dieser für unser aller Glücksein. Mach gerne mit bei meinen Philosophie Workshops! In diesem Sinne: Namaste meine Lieben! Eure Michéle.

Ich freue mich wieder auf eure comments, likes and shares.


Literatur-, Quellenhinweis und weiterführende Links:

1, ², ³ Sukadev Volker Bretz: Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute. Verlag Via Nova, Petersberg, 6. Aufl. 2016
Eckard Wolz-Gottwald: Yoga-Philosophie-Atlas. Via Nova Verlag, Petersberg, 5. Aufl., 2016
Anna Trökes, Bettina Knothe: Neuro-Yoga. Wie die alte Weisheitspraxis auf unser Gehirn wirkt.O.W. Barth Verlag, München, 2014

http://www.zobodat.at/pdf/MONO-NAT-GEIST_MNG1_0021-0037.pdf
http://www.zobodat.at/pdf/MONO-NAT-GEIST_MNG1_0051-0063.pdf
https://www.leuphana.de/fileadmin/user_upload/Forschungseinrichtungen/professuren/energie-und-umweltrecht/Schriftenreihe/NR_-_Nr._9__Kratzer__Beitrag_Yoga_Suffizienz.pdf
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Bilder:
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