Niyama – Freiheit & das Glück IN dir

ViennaYoga by Michéle • Dez. 29, 2018

Niyama – the base of meditaion

Im letzten Beitrag ging es um die Yamas (Ethik & Moral), die das 1. Glied - aus dem 8 gliedrigen Yogapfad - in den Yoga Sutras von Patanjali sind. Von den Yamas , die sich auf das ‚richtige‘ Handeln im Umgang mit anderen (unserem sozialen Umfeld) beziehen, geht es im 2. Glied - den Niyamas - um den Umgang mit uns selbst .

Wie bei den Yamas, gibt es auch 5 Niyamas. Bei den 5 Yamas (zur Erinnerung) handelt es sich um:


  1. Nicht-Verletzen (ahimsa)
  2. Wahrhaftigkeit (satya)
  3. Nichtstehlen (asteya)
  4. Enthaltsamkeit (brahmacarya)
  5. Unbestechlichkeit (aparigraha)

Das erste, Nicht-Verletzen (Gewaltlosigkeit) ist dabei das höchste Prinzip , das über allen steht. Bei allen Yamasist immer wieder vorab zu hinterfragen, ob es jemanden verletzt (wenn ja, ist zuerst ahimsa anzuwenden). D.h. wenn die einzelnen Yamasuntereinander in Konflikt geraten, gilt immer zuerst das 1. einzuhalten – z.B. sollte man nach dem 2. Prinzip (satya – Wahrhaftigkeit) keine Unwahrheit sagen. Wenn man durch die Wahrheit jedoch einen anderen krängt oder verletzt könnte man auch möglicherweise besser nichts sagen als die verletzende Wahrheit (oder die Formulierung, Tonfall und Wortwahl überdenken).

Bei den Yamas geht es darum im Umgang mit anderen sie nicht zu verletzen und ihnen Liebe zu schenken ( ahimsa ). Sie nicht zu belügen ( satya ), ihnen nichts wegzunehmen ( asteya ), sondern mit Ihnen zu teilen. Sie nicht auszunutzen ( brahmacraya ) z.B. sexuell und darum uns nicht von anderen bestechen zu lassen ( aparigraha ).

Wenn wir nach diesen 5 Yamas leben führt das zu unserem eigenen Glück (Details dazu nachzulesen im letzten Beitrag ‚Ethik und Moral – the base of Yogapraxis. Goldenen Regeln für dein persönliches Glück‘ ).

Was uns der Umgang mit uns selbst im Sinne der 5 Niyamas bringt, sehen wir uns jetzt an:

Niyamas (der Umgang mit sich selbst)

Die Niyamas sind:


  1. Reinheit (sauca)
  2. Zufriedenheit (samtosa)
  3. Selbstzucht (tapas)
  4. Selbststudium (svadhyaya)
  5. Selbsthingabe (isvarapranidhana)

1. Reinheit (sauca)

Hierbei geht es um die äußere (körperliche) Reinheit als auch um die innere (geistige) Reinheit .

Durch die Fürsorge und Hygiene unserem eigenen Körper gegenüber, lernen wir wahrzunehmen, dass wir nicht unser Körper sind . Das kann uns dazu führen auch in anderen nicht nur deren äußeres Erscheinungsbild zu sehen , sondern vielmehr deren innere Qualitäten . Patanjali sagt, „wenn wir uns um Sauberkeit bemühen, hilft uns das, uns von der Anhaftung an den Körper zu befreien. Denn Verschmutzung, Unreinheit, bindet. Reinheit befreit.“ ( 1 Vgl. S.V. Bretz, S128)

Diese Reinheit kann auch weitergeführt werden auf unsere Umgebung , in der wir leben. Auf unsere Wohnung , unseren Arbeitsplatz, das Auto udgl.. Auch in diesen Bereichen (außerhalb unseres Körpers) können wir für Reinheit sorgen, um uns befreiter zu fühlen.

Bei der inneren, geistigen Reinheit und der inneren Ruhe , geht es nicht darum leise zu sein und keinen Lärm zu machen oder nicht zu reden und nichts zu sagen. Es geht darum, einem ‚in-sich-ruhenden‘ Geist zu üben . Sauca (Reinheit) ist eine Hilfe, sich vom Physischen zu lösen, um sein Selbst zu ergründen, frei von äußerlicher Gebundenheit . Das Thema der Gebundenheit und die Loslösung von dieser betrifft alle 5 Niyamas.

2. Zufriedenheit (samtosa)

Die oben beschriebene Reinheit (im Geist) führt zur Zufriedenheit. „Aus Zufriedenheit gewinnt man übertroffenes Glück“ ( 2 S.V. Bretz, S129)

Es gibt unterschiedliche Formen der Zufriedenheit . Hier geht es um eine sattvige (sattva=Reinheit) Zufriedenheit. Das meint eine Zufriedenheit darüber, dass wir selbst aktiv etwas tun aber dabei innerlich loslassen (innerlich frei, rein und das meint frei von Gebundenheiten mit und an Äußerlichkeiten - wie z.B. auch unserem Ego).

Das gelingt uns dadurch, dass wir wissen (aus der Übung eines in-sich-selbst-ruhenden Geistes), dass wir den Ausgang letztlich nicht vorbestimmen können, aber es - wie auch immer es ausgehen wird - irgendwie gut für uns ist . Also eine Zufriedenheit über unser eigenes Tun und Machen ohne Angst oder Zwang etwas ganz Bestimmtes damit erreichen zu müssen. Man könnte sagen, die reine Freude am Tun mit der Zuversicht, dass es - wie auch immer - gut für uns wird.

Weitere Formen der Zufriedenheit, die nicht gemeint sind: Eine Zufriedenheit, die aus einem Vergleich mit anderen heraus entsteht. Zum Beispiel weil wir besser sind als andere oder eine Zufriedenheit aufgrund einer inneren Einstellung heraus, dass ohnehin alles egal ist.

3. Selbstzucht (tapas)

Selbstzucht wird auch mit dem Wort ‚Askese‘ gleichgesetzt. Hier ist jedoch keine Züchtigung gemeint, durch die man sich quält oder wie im Mittelalter auch mal den eigenen Körper auspeitscht oder sich anderswie verunstaltet.

Es geht vielmehr darum sich und seinem Körper Gutes zu tun und damit sauca (Reinheit) zu unterstützen . Zum Beispiel mit einem Saunagang oder hi und da ein Fasten einzulegen indem man z.B. immer wieder mehrere Stunden – ca. 10 bis 14 Std. am Stk., z.B. über Nacht – nichts isst und den Magen damit beruhigt und reinigt. Auch kalte Duschen (kneipen), kann man als tapas betrachten.

Bei tapas geht es nicht darum sich zu züchtigen und zu geißeln, sondern darum innere Gebundenheiten an die Welt zu lösen .

Wie schon erwähnt, geht es bei allen Niyamas um das Lösen der Gebundenheiten. Aber warum ist das so wichtig?

Entfremdung von uns Selbst durch die Gebundenheit an die vergänglichen Dinge in der Welt

Wir haben uns von unserem wahren Selbst entfernt durch die Identifizierung mit den vergänglichen Dingen in dieser Welt und halten mit unserem Alltagsbewusstsein starr an ihnen fest .

Wir wissen, dass all unsere sinnlichen Freuden, unsere Anerkennung, Wohlstand vergehen und es keinen Sinn macht uns daran fest zu halten aber wir haben längst damit begonnen uns mit diesen Dingen zu identifizieren und so fällt uns das Loslassen so schwer .

Wir haben das Gefühl uns selbst zu verlieren , wenn wir nicht daran festhalten. Wir fühlen uns abhängig von anderen Menschen, deren Anerkennung. Wir fühlen, dass wir uns über Menschen und Dinge aufregen, dass wir z.B. neidisch sind und binden uns an äußeres Glück wie z.B. gutes Essen oder Sex und bauen uns immer mehr ein Scheinbild von uns auf . Daher ist es wichtig zu fragen, wer wir selbst eigentlich sind .

4. Selbststudium (svadhyaya)

Im Selbststudium geht es darum sich selbst besser kennen und verstehen zu lernen . Man soll sich das nicht als Studium in dem Sinne vorstellen, dass man sich Wissen über Schriften und Texte aneignet, auswendig lernt und analysiert. Vielmehr soll es hier um eine Selbst-Erfahrung gehen in dem Sinne, dass wir versuchen unser innerstes zu erforschen, zu erspüren und zu analysieren, wer wir selbst sind .

Hierbei versuchen wir uns von falschen Identifikationen zu lösen denn solange wir träumen, halten wir den Traum für die Realität. Wir identifizieren uns mit unseren Gedanken, Emotionen, Begierden und sehen uns abhängig von der Befriedigung dieser oder der Anerkennung durch unsere Mitmenschen. Es ist ein wichtiger Schritt, zu erkennen, dass all unsere Denken und Fühlen nur die Oberfläche unserer wahren Existenz sind.

5. Selbsthingabe (isvarapranidhana)

Diese Selbsthingabe - das 5. Niyama - meint, die Hingabe zu deinem von dir erkannten Wesenskern. Die Öffnung, das Erkennen und Vertrauen zu dir und in dich selbst .

Dieser Kern (siehe auch mehr dazu in meinem Beitrag über das OM oder auch Namaste ) ist allen gleich und über das Selbststudium, die Loslösung an äußere Gebundenheiten, die innere Haltung der Zufriedenheit und Zuversicht und die Übung zum in-sich-ruhenden Geist, erlebbar. Umgekehrt erleichtert es die Übungen der 4 ersten Niyamas, wenn man die Selbsthingabe übt. So fließen alle Yamas und Niyamas letztlich ineinander und stützen und stärken und nähren sich gegenseitig.

Bei den 8 Gliedern im Yoga-Sutra gibt es keine Regel, die besagt, dass beim 1. Glied (Yama) und hier beim 1. Yama mit dem Üben begonnen werden muss und alle weiteren dann in der Weise wie sie aufgelistet sind weiter praktiziert werden sollen – also zuerst das eine, dann das nächste und so weiter. Vielmehr ist es ein gleichzeitiges, immerwährendes, lebenslanges Üben aller 8 Glieder, da sie sich gegenseitig beflügeln und uns am Weg des Yoga unterstützen.

Wohin führt uns das ganze Üben, der ganze Yoga-Weg?

Was macht Yoga mit uns? Yoga fördert einen Bewusstseinswandel .

Situationen oder Menschen regen uns auf oder verwirren und kränken uns. Das lässt in uns Gefühle und Wahrnehmungen entstehen, ob wir es wollen oder nicht. Bedürfnisse und Wünsche entstehen und treiben und bestimmen uns. Wir beginnen damit uns mit den vergänglichen Dingen in dieser Welt, unseren Gebundenheiten, Bedürfnissen, Gefühlen, Wohlstand, udgl. zu identifizieren. Wir glauben, dass uns diese Gebundenheiten ausmachen, dass wir diese sind. In unserem Alltagsbewusstsein fühlen wir uns getrieben von unseren seelisch-geistigen Aktivitäten. All das was wir wahrnehmen, sobald wir unsere Augen schließen und uns zu beobachten beginnen. Das sind alle unsere Gefühle, Gedanken, Bedürfnisse oder Wünsche. All diese können sowohl auf geistiger wie auch auf körperlicher Ebene zu Verspannungen führen und wir fühlen uns demgegenüber machtlos ausgeliefert, bewusstlos. ( 3 Vgl. E. Wolz-Gottwald, S39-59)

Yoga ist der Weg, um sich dieser Gegebenheiten und Gebundenheiten bewusst zu werden, dieser Weg hilft dabei bzw. fördert es sie aufzulösen, um so ihre bindende Kraft zu verlieren und unser Bewusstsein für unser wahres Selbst, uns selbst, zu befreien .

Niyama; the base of meditation?

Durch das Verstehen und Üben der Niyamas gelangt man schrittweise zur Meditation. Asanas und Pranayama unterstützen dich am Weg zur Gelassenheit, Stabilität und Konzentration.

Ich wünsche uns allen auf unserem Yoga Weg zur Entdeckung unseres Selbst, Liebe, Gelassenheit und die Freude an der immerwährenden Übung. In diesem Sinne: Namaste meine Lieben! Eure Michéle.

Ich freue mich wieder auf eure comments, likes and shares.


Literatur-, Quellenhinweis (alle 3 Werke sind absolut empfehlenswerte Klassiker!):

1, 2Sukadev Volker Bretz: Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute. Verlag Via Nova, Petersberg, 6. Aufl. 2016
Eckard Wolz-Gottwald: Yoga-Philosophie-Atlas. Via Nova Verlag, Petersberg, 5. Aufl., 2016
3Eckard Wolz-Gottwald: Yoga-Weisheiten leben. Philosophische Übungen für die Praxis. Via Nova Verlag, Petersberg, 2. Aufl., 2014

Bilder:
https://pixabay.com/de/vier-kleeblatt-klee-gl%C3%BCck-kleeblatt-152047/
https://pixabay.com/de/frau-m%C3%A4dchen-freiheit-gl%C3%BCcklich-591576/

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