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Faszien und Yoga

ViennaYoga by Michéle • Feb. 06, 2018

Was sind Faszien? Wie Yoga das Bindegewebe beeinflussen kann

Fasziennetz

Faszien, das ist das weiße, weiche Fasernetz , das du sicher auch schon mal beim zubereiten von Fleisch gesehen hast und vermutlich versucht hast vom Fleisch zu lösen, abzuschneiden. Was nicht einfach ist, denn es ummantelt nicht nur das Fleisch sondern durchzieht es auch teilweise. Genau das sind auch bei uns im menschlichen Körper die Faszien.

Sie durchdringen und umhüllen unsere Knochen, Muskeln und sogar einzelne Muskelfasern, unsere Gelenke, Bänder, Sehnen, Organe. Faszien sind das, was man weitläufig unter 'Bindegewebe' versteht. Es gibt dünnere, feine Fasziennetze und dicke Faszienschichten. Die größte Faszie ist die Lumbalfaszie im unteren Rücken, die für die meisten (chronischen) Rückenschmerzen verantwortlich gemacht wird.

Es heißt, dass sich das Fasziengewebe etwa alle 2 Jahre erneuert . Das heißt, wenn man in Bewegung bleibt und an verklebten Strukturen arbeitet, hat man ausgezeichnete, nachhaltige Erfolgschancen seine chronischen Schmerzen, Haltungsschäden udgl. zu heilen . Was jedoch auch heißt, dass es möglicherweise nötig ist sein Leben ein wenig umzustellen, denn über Nacht passiert nichts. Mit einer Massage, einer Yoga-Einheit, einer Akupunktur o.Ä., ist quasi nichts erreicht. Ein wenig Ausdauer und Konsequenz ist schon gefragt. Der langfristige Erfolg und die damit verbundene gesteigerte Lebensqualität jedoch dafür garantiert!

Was unterscheidet gesunde und kranke Faszien?

Faszien werden durch Bewegung und Ernährung gesund gehalten. Unbewegte Faszien können verfilzen . Sie verklumpen und verkleben und führen dadurch zu Schmerzen. Auch bei unfallbedingten Verletzungen oder Entzündungen, durch einseitige Belastungen, Übergewicht, Stress und Sorgen oder falscher Ernährung kommt es sehr häufig zu faszialen Verklebungen.

Insgesamt können gesunde Faszien in ihrer Funktion als 'Stoßdämpfer des Körpers' bei Unfällen Verletzungen vorbeugen oder zumindest minimieren. Zudem heißt es, dass ein gesundes Fasziennetz die darüber liegende Haut cellulitefrei und durch seinen Bestandteile Kollagen und Elastin das ganze Gewebe jung hält - so man das Fasziennetz durch regelmäßige Bewegung und viel Flüssigkeit geschmeidig hält.

Funktionen und Bestandteile der Faszien

Die Faszien sind ein dichtes Netz aus Kollagenfasern und Elastin , das unseren Körper und seine Bestandteile umhüllt, beschützt, stützt und kommunikativ verbindet. Ein somit alles umhüllendes, stützendes, haltendes, alles durchdringendes und verbindendes Netzwerk. Die Faszien befinden sich im ganzen Körper und wirken bis in die kleinste Zelle .

  1. Das Fasziennetz besteht aus:

    *) Bindegewebszellen (Baumaterial der Faszienfasern und zuständig für die Kommunikation zwischen den Zellen)
    *) Kollagen (formgebend, reißfest und stark dehnbar)
    *) Elastin (elastisch wie ein Gummiband)
    *) Proteinen (Zellbewegungsstoff)
    *) Flüssigkeit (Wasser, Abwehr-, Lymph- und Fettzellen)

  2. Faszien haben die Funktion :

    *) Bindegewebs- und Stoffwechselfunktion - also verbindendes Gewebe inkl. Nährstoffverteilung und Entschlackung
    *) Wundheilung - unter Bildung von Bindegewebe
    *) Abwehrfunktion - unterstützt durch Bildung von Antikörpern die körpereigene Abwehr
    *) Schutzfunktion - polstert, schützt vor zB von außen einwirkenden Kräften, Stößen, Stoßdämpfer des Körpers
    *) Wasserhaushaltsfunktion - speichert große Wassermengen und sorgt damit für die Elastizität und Geschmeidigkeit bei Bewegungen
    *) Kraftübertragung - in ihrer Funktion als Verbindung zwischen Muskeln und Knochen; Funktion der Bewegungsentstehung
    *) Energiespeicher - sind in der Lage Energie wie eine Sprungfeder zu speichern und freizugeben
    *) Informationssystem - im Sinne des folgenden Punktes 3.

  3. Faszien werden als eine Art Kommunikationsnetzwerk verstanden:

    Sie enthalten viele Nervenenden, Rezeptoren und Lymphflüssigkeit. Das heißt sie sind hoch sensibel beim Schmerzempfinden und können sogar beim Verfilzen ganze Nerven ein- oder abklemmen. Zudem reagieren Faszien auch negativ bzw. mit Verklebungen auf Stress (dazu gehören u.a. negative Emotionen wie Trauer udgl.).Wegen alldem werden Faszien bereits als unser 6. Sinn benannt. Faszien-Forscher haben entdeckt, dass innerhalb der Faszien die meiste sensorische Wahrnehmung stattfindet. Dies aufgrund der bereits genannten großen Ansammlung an Rezeptoren (ca. sechsmal mehr als in den Muskeln oder Gelenken)

  4. Das Zusammenspiel bei jeder unserer Bewegungen wird durch die Einteilung in Hauptfaszienketten oder -linien ( myofasziale Ketten ) skizziert.

Ultraschall in der Faszien-Forschung

Lange wurde die Funktion und Wirkung der Faszien nur vermutet. Mittlererweile wurde jedoch ein Ultraschallgerät entwickelt, mit dem man die Faszien und ihre Bewegungen sichtbar machen kann . Mit der 'Ultraschall-Elastographie' lässt sich das Fasziennetz anschaulich untersuchen und es können Verhärtungen der Muskeln und Faszien sowie die faszialen Bewegungen unter der Haut beobachtet werden.

Diese Entwicklung ermöglicht es nun gesundes und krankes, verklebtes Gewebe genau zu unterscheiden .

Die Faszienlinien (-ketten)

Tatsächlich konnte festgestellt werden, dass Bewegungen z.B. des Fußes sich über die Faszienketten bis zu den Schultern hochziehen. Anhand dieser Beobachtungen wurden die Faszien zu Ketten/-linien zusammengefasst.

Die Linien werden oft in zwei Abschnitte geteilt, wirken jedoch insgesamt immer auch zusammen als eine Linie.

Die 'myofaszialen' Ketten/Linien :

  • Oberflächliche Rückenlinie: Körperrückseite, vom Fuß bis zum Knie, vom Knie bis zum Scheitel und zurück
  • Oberflächliche Frontallinie: Körpervorderseite, vom Fuß bis zum Becken, vom Becken über den Hals bis zum Scheitel und zurück
  • Laterallinien: auf jeder Körperseite, vom äußeren Mittelfußknochen, Knöchel, laterale Beinseite, Seitenlinie des Rumpfes, Achsel bis zum Kopf im Ohrenbereich und zurück
  • Spirallinien: Doppelspirale durch den ganzen Körper, je von einer Kopfseite über den oberen Rücken zur gegenüberliegenden Schulter, dem Rippenbogen, zur gegenüberliegenden Hüfte, diese Körperseite entlang bis zu den Füßen und zurück bis zum Sitzbein, über die Rückenstrecker-Faszie entlang bis zum Ausgangspunkt am Kopf.
  • Armlinien: 4 Linien, von der Achsel bis zu den Fingern und zurück und vom Kopf, Halswirbel, Schultergürtel bis zum Lendenwirbelbereich und zurück
  • Funktionelle Linien: Verlängerungen der Armlinien
  • Tiefe Frontallinie: Kern des muskulären Bindegewebes. Stabilisiert den Körper von innen. Liegt zwischen der rückwärtigen-, frontalen- und Spirallinien
Diese Linien verdeutlichen , dass eine lokalisierte Schmerzregion im Körper oft nicht auch dessen Auslöser und Ursache ist .So kann z.B. ein Spannungskopfschmerz durch eine Faszienverklebung im unteren Rücken herrühren oder ein Stechen in der Hüfte oder Leistengegend durch eine Verklebung im Nackenbereich oder Fußgewölbe stammen.

Fasziengeschulte Therapeuten oder Yogalehrer können anhand von Körperhaltung, Fehlstellung, Haltungsstörung u.ä. feststellen, in welchem Bereich deren Ursache liegen könnte und damit gezielte Übungen für die jeweilige Region ausarbeiten.

Interessant finde ich bei alldem, dass diese Linien ähnlich den Meridianen verlaufen.

Triggerpunkte, Akupunktur und Massage

'Myofasziale Triggerpunkte' sind Verletzungen der Muskelfasern die durch Über-, Fehl- oder Unterbeanspruchung zu Stande kommen. Sie entstehen, wenn Muskelfasern nach einer Kontraktion nicht mehr voneinander gelöst werden, vergleichbar einem kleinen Dauerkrampf. Die daraus resultierenden Faserverklebungen (myofasziale Triggerpunkte) sind oft in etwa erbsengroß unter der Haut ertastbar und können lokal direkt durch Akupressurmassagen gelöst und gelockert werden. Da diese schmerzverursachenden Verklebungen rasch ausstrahlen , kommt es sehr häufig zu 'Satellitentriggerpunkten' . D.h. die Hauptursache des Schmerzes löst quasi eine Kettenreaktion aus. So führt eine lokale Massage oft nur zu einer akuten Schmerzlinderung jedoch nicht zu einer tatsächlichen Heilung, da häufig nur Sattelitentriggerpunkte gefunden werden, die jedoch nicht die Ursache des Problems sind. Da Triggerpunkte entlang der Faszienlinen ausstrahlen können, kommt es häufig vor, dass ein lokaler Punkt im Nacken seinen Ursprung z.B. im Gesäß hat oder umgekehrt.

Akupunktur wirkt ebenfalls schmerzlindernd. Durch die Faszien-Froschung konnte nun festgestellt und nachgewiesen werden 'wie' Akupunktur wirkt . Die Nadeln werden unter die Haut in das Fasziennetz gestochen, gedreht und angestupst, was zur Folge hat, dass sich das fasziale Netz löst und lockert. Damit werden Verfilzungen und Verklebungen behandelbar. Da die fernöstliche Medizin schon immer ganzheitliche Heilungsmethoden anwendet, werden zudem bei der Akupunkturtherapie die Meridianlinien berücksichtigt , die ähnlich den Fasziallinien im Körper verlaufen. Damit wird hierbei ein möglicher 'Haupt'trigger gefunden und mitbehandelt.

Beide Varianten, sowohl die Massage als auch die Akupunktur, können insgesamt jedoch nur eine Schmerzlinderung verschaffen. Da sich das Fasziennetz nur durch Bewegung ganzheitlich löst und lockert, ist durch reine Massage oder Akupunktur keine nachhaltige Heilung möglich .

Nachhaltiges und ganzheitliches Gesundwerden und -bleiben der Faszienstruktur ist nur durch eigenes Zutun mittels regelmäßiger Bewegung gewährleistet.

Yoga für gesunde Faszien und Hilfsmittel

Yoga hilft sowohl verfilzte und verklebte Faszien zu lösen als auch das fasziale Netz gesund zu halten.

Das auf Faszienpflege ausgelegte Yoga-Workout wirkt auf:

  • die Gleitfähigkeit des Fasziengewebes
  • den Flüssigkeitsaustausch
  • die Elastizität der Fasern
  • die Festigkeit der Sehnen
  • die Kräftigung der Muskeln
Faszien erholen sich ausgezeichnet durch Stretching, schwingende und federnde Bewegungen, passive Dehnung (wie z.B. im Yin-Yoga praktiziert), Muskelkräftigung und Bewegungen im Sinne von 'Sahaja' (natürliche, freie Bewegungen).

Wichtig ist, dass sich die Asanas auch in den Alltag einbinden lassen . Denn Faszien werden bei jeder Bewegung trainiert. Wichtig ist nur, dass man sie bewusst ausführt, das heißt die Körperwahrnehmung schult und sich daher zuerst an einen geschulten Yoga-Teacher wenden sollte.

Wenn wir uns sehr wenig bewegen (können) oder wenn wir älter werden ist es umso wichtiger unsere Faszien zu trainieren um unseren Körper straff und elastisch und damit so gut als möglich schmerzfrei zu halten. Wir beugen damit zudem Steifheit, Krämpfen und Haltungsschäden (typische Seniorensilhouette) vor.

Viele der beliebten und bekannten Yoga-Asanas wirken auf die unterschiedlichen Faszienlinien/-ketten. Bewusst eingesetzt, können damit vorhandene Blockaden, Verspannungen, Verklebungen und damit einhergehende Schmerzen, gelöst werden.

Beliebte und das Faszien-Training intensivierende Hilfsmittel sind z.B. die Faszienrolle, Faszienbälle (in unterschiedlichen Größen, Materialien und Festigkeit) sowie für das wichtige passive Dehnen z.B. Yoga-Blöcke, Yoga-Gurt, Polster und Decken.

Ich freue mich gemeinsam mit dir an deinem Fasziennetz zu arbeiten um es gesund und geschmeidig zu halten und eventuelle Verklebungen zu lösen. Besuche mich hierzu gerne in meinen Yoga-Einheiten (Yin- & Faszien Yoga).

Videos zum Thema Faszien

Hier noch 2 Video-Links für eine Vertiefung zum Thema Faszien : Quarks & Co, Xenius arte

Wie geht es euch mit dem Thema 'Faszie'?

Habt ihr schon davon gehört? Schon mal am eigenen Körper eine Verklebung gespürt? Schon mal eine Akupunktur gemacht oder eine fasziale Triggerpunkte Massage? Schon mal mit Faszienrollen oder -bällen gearbeitet oder Yin- & Faszien-Yogaprobiert?

Es wäre schön wenn ihr mir im Kommentar euer Wissen und Erfahrungen mit dem Thema 'Faszien' mitteilt.

Ich selber hatte nach zwei Schlüsselbeinfrakturen und einer Schulterluxation starke Verklebungen rund um die Brustwirbelsäule, dem Dekollté-Bereich und unter meinem Schulterblatt, die sich von dort bis in den Lendenwirbelbereich gezogen hat. Eine schmerzhafte Erfahrung und eine langwierige Genesungsphase. Dank Yoga ist es mir nachhaltig gelungen diese verfilzten Faszienstrukturen wieder geschmeidig zu bekommen.

Ich wünsch euch ein würdiges, gesundes Sein!In diesem Sinne: Namastemeine Lieben. Eure Michéle


Literatur-, Quellenhinweis:
Robert Schleip, Thomas W. Findley, Leon Chaitow, Peter A. Huijing: Lehrbuch Faszien. Grundlagen - Behandlung - Forschung. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, München, 1. Aufl., 2014
Serge Paoletti: Faszien. Anatomie, Strukturen, Techniken, Spezielle Osteopathie.
Elsevier, Urban & Fischer Verlag, München, 2. Aufl., 2011
Gerd Gradwohl: Faszien verstehen. Mehr Wohlbefinden und Gesundheit durch Faszienbehandlung und Bewegung. Stadelmann Verlag, Wiggensbach, 2017
Tasja Walther, Johanna Piglas: Faszien-Yoga. Dehnen, entspannen, vitalisieren: Mit Yin- und Power-Yoga. Trias Verlag, Stuttgart, 1. Aufl., 2016
Meinolf Behren: Faszination Faszien. In: Körper und Geist. Serie Bewegung grenzenlos: Fitness-Trends, Heft 1/2017
Niessen Günter: Faszien halten und verbinden. In: Deutsches Yoga-Forum, Heft 6/2013
Lucia Nirmala Schmidt: Faszien und ihre Bedeutung. In: Deutsches Yoga-Forum, Heft 5/2013

Annette Bach: Faszientraining im Yoga. www.i
st.de/studieninfos/pdf/annette-bach-faszientraining-im-yoga.pdf
Weiterführende Links:
https://www.sportastisch.com/faszien-aufbau-funktion-aufgaben-training/
https://www.orthopaedie-osteopathie-berlin.de/ultraschall-elastographie/
https://www.physiotriengen.ch/massage/myo-faszial-release-rolfing/
https://www.physiotriengen.ch/gruppe/faszien-und-wissenschaft/
https://www.gesundheitsberatung.at/faszien-bindegewebe-und-rueckenprobleme/
Bildquelle: fascialnet.com


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